Interview Teil 4 – Kathetermanagement

Interview: Jana Seeger
Fotografie: Andreas Tabbert

 

Dies ist der vierte und letzte Teil unserer Interviewserie. Andreas Tabbert beschreibt hier die Versorgung seines zentralvenösen Zugangs und nennt uns seine Wünsche für die Zukunft.

Teil IV: Kathetermanagement

Andreas Tabbert lebt mit Kurzdarmsyndrom. Seine Mangelernährung wird ergänzend durch hochkalorische Getränke und parenterale Ernährung über einen venösen Katheter ausgeglichen.

Jana Seeger: Herr Tabbert, welchen zentralvenösen Zugang haben Sie aktuell und wie lange schon?

Andreas Tabbert: Da muss ich tatsächlich mal nachdenken. Ich habe als erstes einen Hickman-Katheter bekommen. Der hat knapp ein Jahr gehalten, und dann war er zu. Anfangs habe ich außer normal spülen gar nichts getan, habe mich auch gar nicht groß mit dem Thema beschäftigt. Aber natürlich, wenn sie mal einen verschlossenen Katheter hatten, dann ist das auf einmal ein Thema, mit dem Sie sich beschäftigen und wissen wollen, wie Sie das verhindern können. Ab dem Zeitpunkt habe ich dann einen Groshong® Katheter bekommen, was keine geplante Sache war, sondern mehr ein Unfall. Eigentlich sollte ich auch den gleichen Hickman-Katheter bekommen und hatte auch dem Arzt den Katheterpass gegeben, damit er genau das gleiche Modell nachbestellt und einbaut. Sie haben dann trotzdem statt eines Hickmans einen Groshong® Katheter genommen. Im Nachhinein bin ich ganz froh darüber. Es ist eben gut, dass der Groshong® ein Lumen von 0,9 ml hat; der Hickman-Katheter liegt da ja bei mehrfachen Lumen. Darum bin ich mittlerweile überzeugter Groshong® Anhänger. Dieses Rückschlagventil vom Groshong® hat bei mir allerdings noch nie funktioniert. Es kommt Blut hoch, das sehe ich manchmal im Katheter stehen. Das heißt, da ist irgendwie Blut in den Katheter gekommen, was ja eigentlich durch dieses Ventil verhindert werden soll. Aber das ist ja beim Hickman-Katheter nicht anders, der ist ja komplett offen. Den aktuellen habe ich jetzt seit zwei Jahren, den davor hatte ich zwei Jahre und den ersten Katheter hatte ich ein Jahr.

Wie ist Ihr Verhältnis zu dem Zugang? Können Sie damit duschen gehen?

Ich gehe damit nicht schwimmen, aber ich war auch nie ein großer Freibad-Fan, von daher ist das kein Problem für mich. Ich habe ein großes transparentes Duschpflaster, mit dem ich die Eintrittsstelle verschließen kann, und das funktioniert sehr gut. Ich habe noch nie eine Entzündung an der Eintrittsstelle gehabt. Den Zugang versorgt meine Frau, denn sich ein solches Pflaster oben an der Brust anzubringen ist dann doch nicht so einfach. Aber den Rest mache ich selber. Ich habe mich an den Zugang gewöhnt. Wenn ich am Schreibtisch sitze, klebe ich den Katheter hoch, sodass ich ihn nicht zwischen Bauch und Schreibtisch einklemmen kann. Nun bin ich Seitenschläfer, kurzdarmbedingt. Früher war ich Bauchschläfer, aber das geht nicht mehr, denn dann muss ich sehr schnell die Toilette aufsuchen. Daher ist es ganz angenehm, wenn der Katheter festgeklebt ist, denn sonst liegt man immer auf ihm, was sehr unangenehm ist. Die parenterale Ernährung (PE) ist nachts angeschlossen, tagsüber muss es ja nicht unbedingt sein, mit einem Rucksack rumzurennen. Das finde ich nachts faszinierend, dass mein Körper weiß, dass ich mich immer hin und her drehen muss und auf der Seite liege, aber nie in die gleiche Richtung drehe, so dass ich die Zuleitung aufwickeln könnte. Das klappt gut. Ich habe mich da noch nie eingewickelt.

Hatten Sie schon mal eine Infektion?

Ich hatte schon mal Infektionen, aber nicht im Katheter, „toitoitoi“. Ich lege sehr viel Wert auf sterile Handhabung beim Zubereiten der Nahrung, beim Anschließen, Abschließen und so weiter. Da werden immer sehr gründlich vorher die Hände gewaschen, dann desinfiziert. Es wird immer auf dem sterilen Tuch gearbeitet. Die Fläschchen und Ampullen werden noch mal desinfiziert und dann noch mal die Hände. Das mache ich sehr gewissenhaft. Da gehört viel Disziplin dazu. Außerdem lasse ich niemand anders an meinen Katheter. Frau Dr. Blumenstein darf daran. Ich habe auch schon im Krankenhaus gelegen, mit Verdacht auf eine Katheter-Infektion (war aber keine). Da war ich eine Woche in der Uniklinik. Da wurde eine Probe aus dem Katheter gezogen und eine Kultur angelegt, anschließend muss man vier bis fünf Tage warten. Ich hatte Pech, und es kam das Wochenende, und ich musste bis Montag warten. So habe ich eine Woche im Krankenhaus gelegen, obwohl ich nur Fieber hatte. Es war ein normaler Infekt im Körper und nicht im Katheter. Aber alle hatten Angst, und so musste ich warten, dass die Kultur ausgebrütet wurde und klar war, dass es nicht der Katheter ist. Allein um so etwas zu vermeiden, ist man lieber sorgfältig und ordentlich. In dem Krankenhaus in der Uniklinik gab es auch immer wieder Pfleger, die über den Katheter Blut abnehmen oder etwas darüber spritzen wollten. Es war heiß im Sommer, und ich brauchte immer wieder Infusionen, um Flüssigkeit nachzufüllen. Da hing dann die geöffnete Infusion am Ständer, und der Pfleger wollte diese dann so anschließen. Ich habe ihn daraufhin weggeschickt und habe gesagt, er kann mir alles hinstellen, ich mache das selber. Da muss man teilweise sehr vehement werden. Alle Erfahrenen aus der Selbsthilfegruppe sagen unisono: „Ich lasse keinen Pfleger, in keinem Krankenhaus dieser Welt, nur ansatzweise an den Katheter.“ Unser Zugang ist unser Heiligtum, unsere Lebensversicherung, entsprechend wird er gepflegt.

Wie zufrieden sind Sie, seit Sie mit einer antimikrobiellen Locklösung blocken?

Ich bin sehr zufrieden, weil ich keine Probleme hatte. Mein Katheter ist nicht ansatzweise verstopft. Allerdings nehme ich jetzt noch etwas zusätzlich, dessen Wirkung ich nicht genau kenne. Ich bekomme Frekavit wasserlöslich und fettlöslich zu meiner parenteralen Nahrung dazu. Das Frekavit wasserlöslich kommt bei mir nicht in den Nahrungsbeutel, sondern ich spüle damit meinen Katheter. Da ist Vitamin C drin, und das baut den Biofilm ebenfalls ein bisschen ab.* Ich nehme immer beides mehr oder weniger zur gleichen Zeit. Jetzt habe ich überhaupt keine Probleme mit einem Katheter, dass er auch nur ansatzweise verstopft oder schwergängig wäre. Ich mache eben beide Maßnahmen, kann aber nicht sagen, wieviel von beiden Maßnahmen wofür wert ist. Aber da es jetzt gut funktioniert, mache ich jetzt auch nicht den Versuch und lasse mal eins weg, um dies zu überprüfen.

*  Anmerkung der Redaktion:
Die Behandlungsmethode von Herrn Tabbert ist sehr individuell und ärztlich abgesprochen.
Frekavit wasserlöslich enthält Vitamine unter anderem Vitamin C die mit der parenteralen Nährlösung verabreicht werden können, um Mangelzustände auszugleichen. Die Lösung soll als Zusatz in der Infusionslösung verabreicht werden – so vom Hersteller empfohlen. Die Lösung direkt in den Katheter zu spritzen, bezeichnet man als Off-Label-Use. Es gibt über den Einsatz von Vitamin C als Blocklösung für zentralvenöse Katheter keinerlei Evidenzen, dass es den Biofilm reduziert. Herr Tabbert hat für sich ein passendes Verfahren gefunden.

Wir möchten jedoch von dieser Vorgehensweise abraten und empfehlen, eine antiseptische Locklösung vorzuziehen, um Okklusionen und Infektionen prophylaktisch sicher zu vermeiden.

Kommen wir zur letzten Frage. Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?

[Atmet tief durch] Ich wünsche mir, dass es nicht schlimmer wird, dass es so bleibt, wie es ist und dann ist gut. Es wäre natürlich schön, wenn die Medizin noch Fortschritte macht, sodass ich mit dem Darm, den ich habe, auskomme. Ich bekomme schon das Revistiv, das hatten wir ja auch in der Session mit Herrn Dr. von Websky. Ich bin schon, wie er sagt, gedopt, und meine Darmzotten werden hormonell schon zum Wachstum angeregt, sodass Stand der Wissenschaft heute alles getan ist, was getan werden kann. Von daher: eigentlich Erhalt meines Lebens, das Leben ist viel zu schön, als dass man krank werden will. Nun bin ich zwar krank, aber trotzdem kann ich mit meinem Leben fortfahren. Von daher ist es mein größter Wunsch, dass meine Frau gesund ist und alle, die ich kenne, weil ich weiß, wie wichtig Gesundheit ist. Ich bin völlig fasziniert, was unser Körper alles macht, ohne dass wir darüber nachdenken. Von daher bin ich soweit glücklich und zufrieden. Ja, ich wäre lieber gesund; aber das sind unrealistische Wünsche, darum äußere ich sie nicht. Ich versuche nicht, zurück zu denken, wie schön es früher war, denn dann werde ich nur runtergezogen und bekomme das Heulen. Ich schaue lieber nach vorne und sage mir: „Es ist doch schön hier, mit dem Hund durch den Wald zu laufen“. Ich habe einen Job, ich habe eine Frau, ich habe einen Hund – was will ich mehr.

Herr Tabbert, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, über sich und Ihre Erfahrungen mit dem Kurzdarmsyndrom zu berichten. Wir wünschen Ihnen, Ihrer Frau und Hund Timmy alles Gute. //

 

Das komplette Interview:
Interview Teil 1 I Interview Teil 2 I Interview Teil 3

 

Website Andreas Tabbert: kurzdarm.info

 

Off-Label-Use – Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in nicht zugelassenen Anwendungsbieten:

Unter Off-Label-Use wird der zulassungsüberschreitende Einsatz eines Arzneimittels außerhalb der von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete (Indikationen, Patientengruppen) verstanden. Grundsätzlich ist Ärztinnen und Ärzten eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln erlaubt.

Quelle:
Gemeinsamer Bundesausschuss / www.g-ba.de